Geschichte der Straßenbahn Jena

Gründerjahre und Ausbau - Die Tram bis 1934

Das Objekt einer Straßenbahn war, ähnlich wie in Frankfurt (Oder), auch in Jena um die Jahrhundertwende an den Bau eines Elektrizitätswerkes gebunden und damit infrastrukturell anspruchsvoll gewesen. Einige Firmen hatten sich in der aufstrebenden thüringischen Industriestadt in den 1890-er Jahren mit dem Bau beschäftigt, denn gasmotorbetriebene Wagen galten technisch bereits als veraltet. 1899 schließlich hatte die Gemeinde einen Vertrag über die Konstruktion eines Elektrizitätswerkes und eines Straßenbahnnetzes besiegelt.

 

Die fünf konzipierten Linien sind 1901 in Betrieb gegangen. Das Streckennetz bestand - wie noch heute - aus einer Nord-Süd-Achse von Zwätzen in Richtung Winzerla. In der Innenstadt zweigten außerdem mehrere Stichstrecken ins Mühltal, zum Saalbahnhof sowie zum Westbahnhof ab. 1902 beförderte die Straßenbahn schon fast 850.000 Personen. Eine Paralleltrasse zur Strecke über den Holzmarkt durch die Leutrastraße wurde jedoch schon 1909 wieder aufgelassen. Der heutige Endpunkt Jena-Ost hat seinen Straßenbahnanschluss seit 1914; sie führt über die Camsdorfer Brücke.

 

Seine größte Gleislänge (20 km) hat die Jenaer Straßenbahn 1934 erreicht, davon etwa anderthalb km zweigleisig. In jenem Jahr wurde die bestehende Strecke von Burgau nach der benachbarten Gemeinde Lobeda dem Verkehr übergeben. Die drei betriebenen Linien blieben bis in die Sechziger in Betrieb. Vorher gab es lediglich kleinere Korrekturen am Gleisnetz bzw. den Ausbau eingleisiger Abschnitte, zum Beispiel 1961 in das Neubaugebiet Jena Nord I.

 

--> Zur Streckennetz- und Linienentwicklung siehe den →Bereich Streckennetze

 

Rückbau - Die Zeit bis Anfang der neunziger Jahre

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Grundnetz recht zügig wieder in Betrieb gegangen und wurde in den Fünfziger Jahren bereits im 10- bis 15-Minuten Takt pro Linie bedient. Zu dieser Zeit erreichten Jena die ersten Neubaufahrzeuge aus heimischer Produktion aus dem Waggonbau-Fabriken Werdau und Gotha, so dass die Relation  (Holzmarkt) - Zwätzen 1960 ausschließlich mit Nachkriegswgen bedient werden konnte. Die Taktzeiten verdichteten sich (in Kombination von Stamm- und Einsetzlinien) in der Hauptverkehrszeit auf unter fünf Minuten.

 

Trotz weniger Umbauten im Netz (etwa den Bau einer Kurvenverbindung vom Engelplatz zum Teichgraben) blieb der Zustand der Gleisanlagen insgesamt bedenklich, besonders auf den ,Nebenlinien' zum Saalbahnhof und ins Mühltal. Erstere wurde daher 1963 auf Omnibusbetrieb umgestellt, einschließlich der Strecke zum Westbahnhof. Die Zukunft der gesamten Bahn stand zur Disposition, setzte sich doch auch in der DDR die verkehrspolitiche Ansicht durch, Straßenbahnen zu Gunsten flexibler einsetzbarer Omnibusse stillzulegen. In Jena gab es in einem Gutachten von 1966 ähnliche Planungen. Doch die notwendig zu beschaffenden Fahrzeuge (Ikarus-Busse) waren in einem vertretbaren Zeitraum gar nicht zu beschaffen.

 

Trotz des Vorhabens, die Bahn bis 1985 schrittweise abzuwickeln, einigte man sich auf den Erhalt der Nord-Süd-Relation und der Stichstrecke nach Jena-Ost. Das Neubaugebiet Neu-Lobeda erhielt so seinen Straßenbahnanschluss erst nach der Wiedervereinigung. 1967 wurde der Verkehr nach Alt-Lobeda bis Winzerla zurück gezogen, wo seit 1969 in einer neu angelegten Schleife gewendet wird. Im selben Jahr fuhr der letzte Triebwagen vom Holzmarkt ins Mühltal. Zu der in den achtziger Jahren avisierten Beschaffung neuer Fahrzeuge, die die Gotha- und Reko-Zweiachser hätten ablösen können, kam es nicht mehr.

 

--> Zur Streckennetz- und Linienentwicklung siehe den →Bereich Streckennetze

 

Alte Neubauprojekte - Von 1990 bis in die Gegenwart

Die veränderten rechtlichen Bedingungen und neue Fördermöglichkeiten nach der Wiedervereinigung ließen die einstmals geplanten Neubauprojekte in die nahe ZUkunft rücken. Die Entscheidung für die Projektierung der Relation nach Lobeda und Burgau bedeutete ein grundsätzliches "Ja" zum Erhalt der Straßenbahn, nachdem (wie typisch in den Neuen Bundesländern) nach 1990 die Fahrgastzahlen erheblich zurück gegangen waren. 1993 wurde der erste Spatenstich für die Neubaustrecke gefeiert. Die Planungen umfassten die Verbindung vom Zentrum nach Lobeda über die Stadtrodaer, die Anlagen in Lobeda-West und Lobeda-Ost inklusive der sogenannten "Querspange" (von Winzerla nach Burgau) sowie die Neuordnung der Gleisanlagen in der Innenstadt rund um den Holzmarkt; insgesamt 11,7 Kilometer  mit 20 neuen Haltestellen. 1996 wurde die Strecke von Winzerla nach Lobeda und 1997 die Trasse über Burgau dem Verkehr übergeben. Außerdem wurde die Verbindung vom Holzmarkt zum Ernst-Abbe-Platz eröffnet. Sie führt durch den Teichgraben und ein Tor in einen Innenhof des Zeiss-Werkes. Die Trasse durch die Neugasse und die Schleife über den Engelplatz konnte 1997 stillgelegt werden, als die Neutrassierung vom Holzmarkt durch die Grietgasse, Straße Am Volksbad und Knebelstraße eröffnet wurde.

 

Die südlichen Neubaustrecken zeichnen sich durch ihren Stadtbahncharakter aus. Die Trassen wesien zum Teil niveaufreie Kreuzungen auf. Die neuen Linien 3, 4 und 5 verbinden seitdem Lobeda und Burgau mit dem Stadtzentrum. Der Ring von Lobeda-West über Göschwitz nach Burgau wurde 2009 geschlossen.

 

Ein neuer Betriebshof am Burgauer Ast konnte 2008 (nach elf Jahren Bauzeit) seiner Bestimmung übergeben werden. Er beherbergt die seit 1995 gelieferten 33 Niederflurfahrzeuge sind Zweirichtungswagen von AEG (Typ GT6M-ZR). 2003 fuhr der letzte Gotha-Zweiachser. Zusammen mit den Rekonstruktionen am bestehenden Gleisnetz ist der Straßenbahnbetrieb Jena damit komplett saniert.

 

--> Zur Streckennetz- und Linienentwicklung siehe den →Bereich Streckennetze